Carlo Grante - Liszt, Art and Literature

Music & Arts CD-1285 (2014)

© Music & Arts

Auf einem Bösendorfer Imperial-Flügel aus dem Besitz von Eva und Paul Badura-Skoda hat der italienische Pianist Carlo Grante für das amerikanische Label Arts & Literature ein ebenso betiteltes Album mit Klavierwerken Franz Liszts eingespielt. Grante, in dessen umfangreicher Diskografie unter anderem Domenico Scarlattis sämtliche Sonaten, Busonis Klavierkonzert und Klavierkonzerte Mozarts und Schumanns zu finden sind und der an einer Gesamteinspielung des Klavierwerks von Leopold Godowsky arbeitet, hat auf dieser CD sechs gut bekannte, nichtsdestoweniger herausfordernde Werke Liszts zusammengestellt: Après une lecture de Dante - Fantasia quasi sonata (Searle 161,7, aus den Années de Pèlerinage 2ème Année Italie), die drei Petrarca-Sonette (47, 104, 123) für Klavier allein aus dem gleichen Zyklus (Searle 161,4-6), den Mephisto-Walzer Nr. 1 (Searle 514) in einer von Ferruccio Busoni nach Liszts Orchesterfassung (Searle 110,2) transkribierten Fassung sowie schließlich den Totentanz für Klavier solo, Searle 525.

In seinem Bookletaufsatz zur CD spürt Grante ausführlich den literarischen Einflüssen und Motiven in Liszts Kompositionen nach - hier sind es insbesondere Dante und Hugo, Petrarca, Lenau und Goethe - aber auch jenen der bildenden Kunst, etwa den Faust-Illustrationen von Delacroix und anderen, oder den seit dem Spätmittelalter vor allem nördlich der Alpen weit verbreiteten Totentanzdarstellungen. Nicht zuletzt weist er auch auf die musikalische Rezeptionsgeschichte insbesondere des Fauststoffs hin, in der Liszt sich in namhafter Gesellschaft befindet.

Unter diesem schweren ästhetischen Gepäck gelingt Grante ein fulminanter Mephisto-Walzer (Der Tanz in der Dorfschenke) in der verschärften, unter Hinzunahme der Orchesterfassung transkribierten Fassung Ferruccio Busonis. Der Bösendorfer rollt und grollt, heult und blitzt, um unter Grantes Händen im Totentanz schließlich zu einer wahren Höllenmaschine zu werden.

Aber auch die Engelsstimmen beherrscht er, etwa im 123. Petrarca-Sonett (I vidi in terra angelici costumi) oder den Hymnus (im 47. Sonett, Benedetto sia 'l giorno).

Die "unablässigen, gigantischen Kontraste der Dynamik, der Register und Tempi in dramatischer Gegenüberstellung", die Grante in seinem Aufsatz der Fantasia quasi Sonata attestiert, verlangen in seiner Interpretation dem Hörer auf den Spuren der Form dieses Meisterwerks jedoch hohe Konzentration ab.

Fein und bruchlos arbeitet Grante die Antithesen und Paradoxe, die Selig- und Friedlosigkeit im 104. Petrarca Sonett Pace non trovo heraus (und hier zeigt sich übrigens auch der Bösendorfer in seinem Element).

Seiner - und unserer - Diskografie setzt Grante mit dieser gelungenen Einspielung sicher ein Glanzlicht auf.

Michael Straeter